20. Jahrhundert – Brüche im Lutherbild

Die Lutherbilder des ausgehenden 19. Jahrhunderts bereiten einer nochmaligen Steigerung nationalistischer Vereinnahmung Luthers in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts den Boden. Um den Siegeswillen der Soldaten wie der Bevölkerung anzufachen, werden im Ersten Weltkrieg die kämpferischen Tugenden des deutschen Reformators beschworen (Abb. 10.1. und 10.2.). Im Jubiläumsjahr 1933 bedienen sich die Nationalsozialisten des jungen Luther als einer zu allem entschlossenen theologischen „Führergestalt“, die ihre Energie aus bäuerlichen Wurzeln bezieht.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 erfährt die gesamte Lutherrezeption eine tiefe Zäsur. In der modernen Kunst wird Luther lange Jahre kaum thematisiert. Erst der 500. Geburtstag 1983 ist Anlass für eine neue Auseinandersetzung mit dem Reformator. In der DDR unterstützt die Lutherrezeption den Prozess staatlicher Identitätsfindung (Abb. 10.3.), während das Lutherbild in der BRD eine Vielzahl künstlerischer Brechungen erfährt.

Bildtexte

Abb. 10.1. Luther als „deutsche Eiche“; Anonym; Stahlstich (Feldpostkarte), um 1917; Privatbesitz

Abb. 10.2. „Und wenn die Welt voll Teufel wär!“; Ernst Barlach (Wedel 1870 – Rostock 1938); Lithographie (46. Blatt aus der Flugblattserie „Kriegszeit“), 1915; Kupferstichkabinett der Kunsthalle Hamburg, Inv. Folge 114; Bildnachweis: bpk / Hamburger Kunsthalle / Christoph Irrgang

Abb. 10.3. Der janusköpfige Luther verbrennt die Bannandrohungsbulle; Werner Tübke (Schönbeck/Elbe 1929 – Leipzig 2004); Öl auf Leinwand (Detail aus dem Monumentalbild „Frühbürgerliche Revolution in Deutschland“), 1987; Panorama Museum Bad Frankenhausen; Bildnachweis: Dieter Leistner, Würzburg

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